Ist Peru ein Drogen-Staat?

Viele Peruaner befürchten, dass sich der Drogenhandel bis in oberste Staatsebenen festsetzt. Die Sorge ist berechtigt, aber noch ist Peru nicht Mexiko, wo der Drogenhandel ganze Regionen unter Kontrolle hat.

Hätte Keiko Fujimori ihren Generalsekretär rechtzeitig des Amtes verwiesen, wäre sie vielleicht die neue Präsidentin Perus. Ihr Generalsekretär Joaquín Ramírez taucht in den Ermittlungsakten  der US-amerikanischen Drogenpolizei auf und beförderte die Angst, dass  die alten korrupten Netzwerke ihres Vaters und von Vladimiro Montesinos auch Keiko Fujimori fest im Griff hätten.  Die Angst vor einem Drogenstaat wurde noch geschürt durch einige spektakuläre Auftragsmorde, die im letzten Jahre in guten Stadtvierteln Limas ausgeführt wurden, und die Drogenkartellen zugeschrieben wurden. Ist also Peru bereits ein Drogen-Staat ?

“Im Gegensatz zu Mexiko oder Kolumbien, gibt es kein peruanisches Drogen-Kartell. Es gibt auch keinen Kampf unter  den Kartellen auf peruanischem Boden”, sagt Professor Francisco Durand, Experte für peruanische Wirtschaftsstrukturen.   Peru sei noch kein Narco-Staat, bestätigt die Abgeordenete Rosa Mávila, die eine parlamentarische Untersuchungskommission zu diesem Thema geleitet hat. Die einst von Vladimiro Montesinos aufgebauten Netzwerke würden zwar unabhängig von ihm z. T. weiter existieren, es gäbe aber keine zentrale Führung. Besorgniserregend seien allerdings der Einfluss des Drogenhandels in einigen Regionen Perus, die über Kommunen bis in die Regionalregierungen hochreichte.  Wer je in Kleinstädten wie Huaraz, Abancay oder Ayacucho war und sich über die neuen Hochhäuser gewundert hat, der findet eine mögliche Antwort im Drogenhandel. Gerade im Bausektor, der in den Provinzen gänzlich unreguliert verläuft, wird vermutlich Drogengeld gewaschen. Eine andere mögliche Geldwaschanlage sind die privaten, eigennützigen Universitäten. Ein Haupt-Verdächtiger der Geldwäsche in Peru ist der Besitzer einer der grössten Privat-Universitäten, Alas Peruanas,  – übrigens ein Onkel des besagten Generalsekretärs von Keiko Fujimori.

Bekannt ist auch, dass der illegale Goldabbau dazu dient, Drogengeld zu waschen, bzw. in diesem Fall wohl zu vergolden: dem mit Drogengeld gekauften illegalen Gold sieht man seine illegale Herkunft nicht mehr an. In Madre de Dios tauchen deshalb immer mehr Abgesandte der kolumbianischen Drogenmafia auf, wie ein Augenzeuge berichtete.

Hildegard Willer

Einige Beispiele zeigen, wie es die Drogenmafia immer wieder schafft, Behörden zu korrumpieren oder sie zu hintergehen:

In den Koka-Anbauregionen beschlagnahmt die Polizei immer wieder Materialien, die für die Kokain-Herstellung gebraucht werden.  Das  Aufbringen von Kleinflugzeugen aus Bolivien und die Zerstörung illegaler Drogenpisten im Regenwald ist jedoch kaufm einmal Thema. Fast können einem die Kokain-Verstecker in der Provinz Tingo Maria leid tun, die in mühsamer Handarbeit ca. 5.000 Kilo Bananen bearbeitet haben und in die Schalen das Kokainpulver einfüllten, wie im April aus Tingo María berichtet wurde. Da hat es Kenjo Fujimori, Sohn des Expräsidenten Fujimori, leichter. Obwohl in einer seiner  Lagerhallen im Hafen von Callao Kokain gefunden wurde,  wurde er mit den allermeisten Stimmen peruweit ins Parlament gewählt. In einigen Regionen Perus wurden Kandidaten von der Wahl ausgeschlossen, weil sie zu offensichtlich in Verbindung mit dem Drogennetzwerk gebracht werden konnten. Dieses Netzwerk war naturgemäß international verbunden und lieferte Kokain u.a. via Bolivien, Brasilien, Venezuela und über das „Imperium“ von Joaquin Guzman (El Chapo) in Mexiko in die USA und Europa.

Die Drogenmafia lernt dazu

Die Kokainhersteller in Peru reagieren auf Kontrollmaßnahmen. Da der für die Verarbeitung von Cocablättern zum Kokain (pasta basica) notwendige Kalk immer häufiger konfisziert wird, gibt es  eine neue Rezeptur: In den Dörfern Palmapampa und Gloria Pata, Provinz La Mar (Region Ayacucho) entdeckte die Antidrogenpolizei hunderte Säcke  Zement, um damit den Kalk zu ersetzen.

Die aktuellen „Reste“ des sog. Leuchtenden Pfads (Sendero Luminoso) sind als „Söldner“, als Mitunterstützer der Drogenhersteller, tätig. Im Mai 2016 wurde von einem militärischen Spezialkommando Abel Augui Lopez, alias Kamerad Alejandro, bei einer Attacke im Dorf Virgen Ccasa, Provinz Huanta, Region Ayacucho erschossen. Dieser verstand sich als „Generalkommandant des revolutionären Volksheeres – mit 16 Untergebenen. Am 6.6.16 wurde der Kamerad Esther im kleinen Dorf Palmapampa (Provinz La Mar,Ayacucho) festgenommen. (Inforegion 22.5.16).

(Zusammenfassung: Heinz Schulze)