Gedenkstätte für Bürgerkriegsopfer wird von Ex-Militär eingeweiht

Zwei Jahre nach der Fertigstellung des Baus, wurde  die Gedenkstätte für die Opfer der peruanischen Bürgerkrieges in Lima eingeweiht. Das Museum wurde zu einem grossen Teil mit Geldern der Bundesrepublik Deutschland errichtet. Heeder Soto Quispe berichtet von der Eröffnungsfeier

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet ein ehemaliger Militär die Gedenkstätte für Bürgerkriegsopfer in Peru eingeweiht hat .  Es ist deswegen ironisch, weil neben den bewaffneten Gruppierungen “Leuchtender Pfad” und “MRTA ” auch die Armee in den Jahren des bewaffneten Konfliktes (1980 – 2000) Menschenrechtsverletzungen begangen hatte. Am 17. Dezember eröffnete Ollanta Humala, peruanischer Präsident und ehemaliger Oberst der peruanischen Armee,  den „Ort der Erinnerung, der Toleranz und der sozialen Teilhabe, wie die Gedenkstätte (LUM in peruanischen Sigeln) offiziell heisst (1).

In seiner Eröffnungsansprache erzählte Humala, wie er, als Offizier der Armee, einmal einen Lehrer traf, der seine Schüler nach den „Idealen der Guerrilla“ des Leuchtenden Pfades benotete.
Er erwähnte auch, dass die “richtigen”  legalen Noten vom Bildungsministerium vergeben wurden. Humala erwähnte allerdings nicht, welches Schicksal dieser Lehrer genommen hat. Er fügte nur hinzu, dass der Lehrer diese Benotung angeordnet habe aus Angst vor den Drohungen des Leuchtenden Pfades. Es ist jedoch gut möglich, oder sogar wahrscheinlich, dass dieser Lehrer von genau jener Armee getötet wurde, der Präsident Humala angehörte. Denn Vorkommnisse, wie die von Humala geschilderten, waren ausreichend, um getötet oder „verschwunden“ zu werden.

Niemals vorher hatte Humala in der Öffentlichkeit von dieser Begebenheit berichtet. Er verpasste eine der besten  Gelegenheiten, um die Opfer der peruanischen Armee um Verzeihung zu bitten, und damit diese noch ausstehende Geste der Versöhnung  zu tun. Im Gegenteil: Humala erwähnte nur die Verbrechen des Leuchtenden Pfades und der MRTA , aber nicht die Verbrechen der peruanischen Armee.
Das LUM ist nun eröffnet. Es ist wichtig und unerlässlich für Peru. Das Museum  widerspricht dem vormaligen Präsidenten Alan García, der die Spende der Bundesrepublik Deutschland zur Errichtung des Museums im Jahr 2009 zuerst zurückgewiesen hatte, weil, so García, “die Erinnerung eines Landes die Summe aller Erinnerungen repräsentieren muss, vielfältig und demokratisch, und nicht nur den Blickwinkel einer Gruppe ”. Damit meinte García den Bericht der Wahrheitskommission, dem er eine einseitige Perspektive vorwarft. Deswegen beschränkt sich die Gedenkstätte nicht auf das im Bericht Dargestellte, sondern es bringt neue Geschichten und neue Erzählungen.

Eine armee-freundliche Ausstellung

García und die Militäs befürchteten damals , dass das Museum die Armee in ein negatives Licht stellen würde. Das Gegenteil ist der Fall. Die Verbrechen der Armee werden im neuen LUM ganz sicher nicht übermässig dargestellt. Oder wie es Juana Carrión, eine der Führerinnen der Opfervereinigung ANFASEP diplomatisch ausdrückt: “Die Ausstellung an sich ist in Ordnung. Aber sie erzählt nichts über die Verbrechen der Militärs”. Deswegen ist es wichtig, dass an der Ausstellung weiter gearbeitet wird. Die Ausstellung scheint noch unfertig, viele Stellen des Museums sind noch leer oder nur halb fertiggestellt.

Bei der Ausstellungseröffnung überwogen die Gäste in Krawatte und Kostüm. Nur 20 Vertreter der Opfer waren geladen. Sie waren keineswegs die Hauptgäste, sondern wirkten als Alibi-Geladene für die soziale Inklusion.

Sie standen abseits der Redner. Vorne standen die wichtigen Personen der peruanischen Gesellschaft, die einflussreichen Städter. (Die Opfer des peruanischen Bürgerkrieges gehörten den ländlichen, indigenen und ärmsten Bevölkerungsschichten an, d.Red.)

Als Präsident Humala das Einweihungsband durchschnitt, waren keine Opfervertreter anwesend…. nur die Kameras liefen. Die Opfervertreter durften das Geschehen über eine Leinwand im angrenzenden Raum verfolgen.

Eröffnung im Angesicht der kommenden Wahlen

Obwohl das Museum wichtig ist, so zeigt es doch noch nicht die Wirkung, die der Bericht der Wahrheitskommission hatte. Die Einweihung fand fünf Monate vor den Präsidentschaftswahlen statt. Ein anderer ehemaliger Militär, Daniel Urresti, wird für die Partei Ollanta Humalas kandidieren – obwohl er bezichtigt wird, während des Bürgerkrieges den Journalisten Hugo Bustíos umgebracht zu haben. Erstaunlich ist auch, dass die bekannte Menschenrechtsverteidigerin und frühere Bürgermeisterin Limas, Susana Villarán, ihm als Kandidatin für die Vizepräsidentschaft die Stange hält. Die Zeiten ändern sich. Brechen wirklich neue Zeiten an oder handelt es sich hier nur um eine neue Form der Straflosigkeit ?
Die meisten Redner sprachen davon, dass das Museum der nationalen Versöhnung dienen müsse.Dieser Begriff soll das Museum prägen. Aber es ist keine gute Strategie, eine Versöhnung zu erzwingen, ohne die Opfer zu würdigen. Der jetzige Präsident könnte eine Versöhnung einleiten, indem er die Militärs dazu bringt, ihre Opfer zu würdigen. Aber er tut es nicht…. Im Gegensatz, sie überlassen diese Aufgabe anderen. Ein Versöhnungsprozess braucht Zeit, niemand weiss, wieviel. Aber diese Form, Versöhnung zu erzwingen ist nicht die beste….

Heeder Soto Quispe

Heeder Soto ist Dokumentarfilmer und ehemaliger Aktivist in der Opfervereinigung ANFASEP. Er ist Autor des Dokuentarfilmes “Caminantes de la memoria” . Der Film kann in Youtube angeschaut werden https://www.youtube.com/watch?v=anTmi23S8Jw
(1)Ollanta Humala erweiterte den Namen des Museums der Erinnerung zu „Museum der Erinnerung, der Toleranz und der sozialen Inklusion (Lugar de la Memoria, de la Tolerancia y de la Inclusión Social LUM) “. So wie sein Vorvorgänger Alejandro Toledo die Wahrheitskommission um den Namen „nationale Versöhnung“ erweiterte. Beide Regierungen taten wenig, um die nationale Versöhnung voranzubringen.