Espinar – Ist der Dialog gescheitert?

In einem offenen Brief an den peruanischen Präsidenten des Ministerrates sowie an diverse Minister des Landes sowie den peruanischen Botschafter in Berlin fordert die Kampagne  „Bergbau Peru“ , den anstehenden Prozess gegen den Provinzbürgermeister Oscar Mollohuanca sowie weitere 44 zivilgesellschaftliche Akteure aus der Provinz  Espinar zurückzuverlegen an das zuständige Gericht in Cusco,  ein faires und transparentes Verfahren zu garantieren und für die Beschuldigten ein angemessene Verteidigung zu gewährleisten.

Seit 30 Jahren wird in der Provinz Espinar auf  rund 4000 Meter Höhe in der Tintaya-Mine Kupfer abgebaut, und seit dem Jahr 2006 durch den  Schweizer Rohstoffkonzern X-Strata. Diese rühmt sich speziell in Espinar seiner vorbildlichen  Sozial- und Umweltstandards, mittels einer freiwilligen Selbstverpflichtung wurden  3% des Gewinns der Gemeinde für Entwicklungsprojekte zur Verfügung stehen. Diese wurden bis vor kurzem von der unternehmenseigenen “Fundación Tintaya” abgewickelt.

Und hier  lag einer der Knackpunkte: „Die Mine benutzt die Stiftung, um politische Arbeit zu machen, um soziale Kontrolle auszuüben“,  klagte Mollohuanca, der zur Partei „Tierra y Libertad“ gehört und zum zweiten Mal als Bürgermeister gewählt wurde.  Als einer der ersten Ergebnisse der Rundtisch-Gespräche zwischen Gemeinde, Unternehmen und Umweltministerium wurde die “Fundación Tintaya” abgeschafft.

Ein Grundproblem jedoch bleibt: Der Bergbau kann  nicht bieten, was die Menschen in dieser armen Region vor allem brauchen, nämlich Arbeitsplätze. Der maschinenbewegte Bergbau  braucht kaum Menschen, und  fast alle der  wenigen Arbeitskräfte stammen aus den Städten Lima oder Arequipa.

In Espinar misstrauen  die Menschen aber nicht nur der Mine, sondern ebenso ihrem aus der Hauptstadt geführten Staat, den sie im Verdacht haben, zu bergbaufreundlich zu sein und mit dem Unternehmen gemeinsame Sachen zu machen.

Aber Oscar Mollohuanca ist nicht  Mann, als der er nun in der regierungsnahen Presse und  vor Gericht dargestellt wird: Er ist ein überlegter, und vor allem sehr bürgernaher Mann, und so will er auch seine Lokalpolitik gestalten. Bereits in seiner  ersten Amtszeit gab des Runde Tische zur  Bürgerbeteiligung, er pflegte ein „offenes Rathaus“.

Auch im vergangenen Jahr leitete Mollohuanca den Runden Tisch, der die Zukunft der Mine diskutieren sollte. Eine Neuverhandlung des „Marco Convenio“ aus dem Jahr 2003 stand an. Die Bevölkerung beklagte sich hauptsächlich über die Verschmutzung der Flüsse Canipia und Salados, Stimmen wurden laut, die die Schließung der Mine forderten. Und so wurde im Mai 2012 ein unbegrenzter Streik ausgerufen, in dessen Verlauf es zu gewaltsamen und blutigen Auseinandersetzungen kam.  Die Polizeikräfte, die in enger Verbindung zu den Sicherheitskräften der Mine stehen und zum Teil auf beiden Seiten beschäftigt sind, sind nicht bekannt dafür, zimperlich vorzugehen.

Inzwischen ist das damals eingeleitete partizipative Umweltmonitoring abgeschlossen – leider ohne, die Verantwortlichen für die gefundene hohe Schadstoffbelastung zu nennen.

Derweil geht das gerichtliche Nachspiel der gewaltsamen Unruhen vom Mai 2012 weiter.

Als einer der angeblichen  „Anführer“ der Unruhen steht  nun der Bürgermeister vor Gericht!   Die Staatsanwaltschaft ist sich zwar noch nicht einig, ob er als “Aufrührer”  oder als “direkter Teilnehmer”  verklagt wird, aber das Verfahren in Ica läuft.

Ein faires, transparentes und unvoreingenommenes  Verfahren ist das mindeste, was der Staat garantieren  muss! Ebenso wichtig aber ist, dass er ermöglicht, dass ein verhandlungsoffener und vor allem informierter Dialog  zwischen der Bevölkerung und ihrer  politischen Vertretung und der Minengesellschaft geführt wird. Die staatlichen Akteure als Mittler dürfen nicht auch nur den leisesten Anschein erwecken, die Interessen der Mine  höher zu bewerten als die der lokalen Bevölkerung. Diese Menschen sind keine „Perros del Hortelano“ (wie Alan Garcia seine  angeblich fortschrittsfeindlichen indigenen und ländlichen Landsleute genannt hat), sie haben ein Recht gehört und ernst genommen zu werden.  Dazu ist ein demokratischer Staat gegenüber allen seinen BürgerInnen verpflichtet!

 Mechthild Ebeling (unter Bezugnahme auf die Reportage von Hildegard Willer “Der Tod des Clowns” vom Oktober 2012) http://www.strangerinperu.blogspot.com/2013/10/der-tod-eines-clowns.html