Protestmarsch in Cusco (© Adriana Peralta)

Ein parlamentarischer „Staatsstreich“

Der peruanische Kongress setzt Präsident Vizcarra ab und stürzt Peru in eine tiefe politische Krise. Andreas Baumgart erklärt und analysiert, wie es so weit kam.

 

Nun ist es doch passiert: Am Montag den 09. November hat das peruanische Parlament Präsident Vizcarra mit überwältigender Mehrheit von 105 Stimmen dafür, 19 dagegen und 4 Enthaltungen seines Amts enthoben. Vizcarra wurde „dauerhafte moralische Unfähigkeit“ vorgeworfen, eine verfassungsrechtlich höchst fragwürdige Begründung. Es war der zweite und diesmal geglückte Versuch innerhalb von knapp 2 Monaten. Eigentlich hatte kaum jemand damit gerechnet, dass es im zweiten Anlauf klappen könnte. Neuer Präsident ist nun Manuel Merino de Lama, der bisher das Amt des Parlamentspräsidenten ausübte und den Vorsitz des ständigen Ausschusses des Parlaments inne hatte. Als Abgeordneter wurde der passionierte Hahnenkampf-Veranstalter und Spross einer Großgrundbesitzer-Familie mit gerade einmal 5.271 Stimmen aus Tumbes im Norden Perus gewählt. Neuer Premier (Kabinettschef) ist der ausgemachte Rassist Ántero Flores Aráoz, Abgeordneter und ehemaliger Verteidigungsminister der APRA-Regierung. Die Neubesetzung der Ministerien lässt nichts Gutes erwarten.

 

Anhaltende Demonstrationen

 

Noch in der Nacht nach der Amtsenthebung, die von zahlreichen Medien und Personen des öffentlichen Lebens als „Putsch“ eingestuft wird, haben sich in mehreren Städten Perus einige tausend Menschen zum Protest unter den Parolen “Merino delincuente, no eres presidente!” und „no al golpe“ versammelt.  Dabei kam es in Lima in der Nähe des Parlaments auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Spezialeinheiten der Polizei, die mit Gasgranaten, Schrotkugeln und Warnschüssen aus scharfen Waffen gegen die Demonstrierenden vorging. Ununterbrochen demonstrieren seit drei Tagen Menschen und am Donnerstag gingen mehrere hunderttausend Bürger*innen in ganz Peru auf die Straße. Auch diesmal ging die Polizei stellenweise mit extremer Härte vor. Zahlreiche Verletzte und Verhaftete, darunter auch Journalisten, werden gemeldet. Amnesty International Peru hat die Polizeikräfte aufgefordert, die Repression einzustellen.

 

Was ist passiert und was sind die Gründe für den Sturz eines Präsidenten, dessen Amtsperiode in 8 Monaten beendet gewesen wäre und nur noch 5 Monate bis zu den anstehenden Präsidents- und Parlamentswahlen 2021 fehlen? Und all dies vor dem Hintergrund einer massiven Wirtschaftskrise, den großen Anstrengungen, das Corona-Virus in den Griff zu bekommen, dem grassierenden Hunger und millionenfacher Arbeitslosigkeit?

Das Krisenmanagement der Regierung unter Vizcarra wurde bislang von einer großen Mehrheit der peruanischen Bevölkerung positiv bewertet. Ende Oktober hatte eine Umfrage von IPSOS noch ergeben, dass sich 78% der peruanischen Bevölkerung eine reguläre Beendigung der Regierungsperiode von Vizcarra wünschen und dass die juristische Aufarbeitung der Korruptionsvorwürfe vor Gericht im Anschluss erfolgen sollte. Demgegenüber stehen Umfragen von Ende 2019, in denen sich über 80% der Befragten für die Auflösung des Parlaments aussprachen. Was für eine absurde Situation: ein hochgradig unbeliebtes Parlament stürzt einen der beliebtesten Präsidenten der letzten Dekaden! Die Journalistin Hildegard Willer kommentiert auf Twitter: „Meist wird ja bei einem Staatsstreich das Parlament abgesetzt. Hier in Peru gerade umgekehrt…“

 

Ein abgekartetes Spiel

Bis wenige Tage vor der einschlägigen Parlamentssitzung haben sich zahlreiche Präsidentschaftskandidaten, Fraktionsführer und Personen des öffentlichen Lebens gegen eine Amtsenthebung ausgesprochen und die Mehrheit der politisch Aktiven warnten vor einem möglichen Chaos, sollte die Unternehmung Erfolg haben. Dass viele Abgeordnete Vizcarra lediglich einen Denkzettel verpassen und ihn demütigen wollten, nicht aber stürzen, war die vorherrschende Meinung. Dann änderten einige Parteiführ und Fraktionen ziemlich plötzlich ihre Haltung und ermöglichten so den Sturz. Offiziell wurde der Kurswechsel damit begründet, dass neues, schwer belastendes Material gegen Vizcarra aufgetaucht sei. Sofort nach der Machtübernahme beeilte sich Merino zu versichern, dass es keinerlei Absprachen gegeben habe. Genau dies ist ein starkes Indiz dafür, dass dies doch der Fall war. Das Umschwenken lässt sich eigentlich nur auf geheimen Absprachen über die Verteilung der Machtpfründe zurückführen. Merino ist ein altgedientes Mitglied der historischen Partei Acción Popular, die einst von Fernando Belaúnde Terry gegründet wurde und in den letzten Jahrzehnten zum zerstrittene Schatten einer ehemals starken und beliebten Partei verkommen ist. Allerdings konnte die Partei trotzdem bei den letzten Parlaments- und Regionalwahlen größere Erfolge erringen.

 

Am Dienstag den 20. Oktober hatte die Fraktion der Partei UPP (Unión por el Perú), die unter dem Einfluss des autoritären, rassistischen und zudem inhaftierten Populisten Antauro Humala  steht, mit Unterstützung einiger Abgeordneter der linken Frente Amplio, der rechts-autoritären Partei „Podemos Perú“ und einstmals konservativen Regierungspartei „Acción Popular“ einen zweiten Antrag zur Amtsenthebung Vizcarras gestellt. Stand bei dem ersten Versuch noch offiziell der Fall „Richard Swing“ im Zentrum der Kritik, waren es diesmal massivere Anschuldigungen der Bestechlichkeit und Korruption. (Eine ausführliche Darstellung des ersten Sturzversuchs und dessen Implikationen finden Sie hier  ).

Die neuen Anschuldigungen beziehen sich auf den kürzlich aufgetauchten Verdacht, Vizcarra habe in seiner Amtszeit als Regionalpräsident von Moquegua zwischen 2013 und 2014 Bestechungsgelder in Millionenhöhe für die Vergabe von Aufträgen erhalten. Die Anschuldigungen werden von Unternehmern erhoben, die vorerst Anwärter auf eine Kronzeugenregelung sind. Bisher handelt es sich lediglich um Verdachtsmomente und Indizien gegen Vizcarra.

 

Nachdem einige Tage später dem Antrag auf ein parlamentarisches Verfahren überraschenderweise mit genügend Stimmen im Parlament stattgegeben wurde, war der Weg frei für die Debatte und anschließende Abstimmung. Dieses Mal hat sich Vizcarra persönlich vor dem Parlament verteidigt und versucht, seine Unschuld zu verteidigen. Geholfen hat ihm diese Geste nicht. Er verabschiedete sich mit den Worten: „Ich gehe erhobenen Hauptes, so wie ich vor 18 Monaten gekommen bin“ und unter Rückgriff auf Zeilen des berühmten peruanischen Walzers „Alma corazón y vida“ von Adrián Flores Alván, äußerte er nach seiner Ankunft in seinem privaten Domizil etwas wehmütig: „Man kann nicht sagen, dass wir nicht unsere Seele, unser Herz und unser Leben gegeben hätten.“ Auf Anraten seiner Anwälte, wie er sagt, werde er nicht um einen Verbleib streiten sondern sich auf die anstehenden gerichtlichen Verfahren vorbereiten. Das nimmt leider auch den Menschen den Wind aus den Segeln, die für seinen Verbleib gekämpft hätten.

 

Eine unklare  Verfassungsklausel

Unabhängig von dieser individuellen Entscheidung, wird die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des parlamentarischen Vorgehens gestellt. Das Adjektiv „moralisch“, das aus der Verfassung von 1893 geerbt wurde, bedeutete seinerzeit „geistig“ und bezog sich auf eine mögliche „geistige Beeinträchtigung“ eines Präsidenten, die zu dessen vorübergehender Ablösung führen konnte. Es ging nie um Moral im heutigen Sinn. Die Immunität schützt den Präsidenten vor Verfolgung aus politischen, ethischen, moralischen oder rechtswidrigen Gründen. Die durch die Verfassung eingeführte „Defensoría del Pueblo“ hat schon bei dem ersten Absetzungsversuch auf die zweifelhafte Begründung „incapacidad moral permanente“ hingewiesen und das oberste Verfassungsgericht zu einer Klärung aufgefordert. Soeben hat  auch die Organisation der Amerikanischen Staaten ihre Sorge über die Situation in Peru ausgedrückt und eine entsprechende verfassungsrechtliche Klärung verlangt.

 

Aus linken und liberalen Kreisen ist die Frente Amplio wegen ihres „Bündnisses“ massiv unter Beschuss geraten. Sie rechtfertigte sich mit dem Argument, dass es ihr nicht um den Sturz Vizcarras, sondern um den konsequenten Kampf gegen die Korruption gehe. Sie habe nicht mit einer Mehrheit für das Vorhaben gerechnet. Doch das rechtfertigt in keiner Weise, sich mit den korruptesten Fraktionen zusammen zu tun und einem Mann die Präsidentschaft zu ermöglichen, der selbst im Verdacht steht, Korruption zu decken. Die vom Präsidentschaftskandidaten Marco Arana geführte Partei steckt in einer tiefen Krise und ist kein Bündnis mit anderen linken Kräften für die Wahlen 2021 eingegangen. Die FA hat sich zum nützlichen Idioten für eine ganze Riege von mafiotischen Politiker*innen gemacht, die sich von einer neuen Regierung ohne Vizcarra zumindest ein Nachlassen der Korruptionsbekämpfung erhoffen. Zur Ehrenrettung muss man sagen, dass die beiden weiblichen Abgeordneten des FA, Rocío Silva Santisteban aus Lima und Mirtha Vazques aus Cajamarca sich von Anfang an öffentlich gegen das Vorgehen ihrer Partei ausgesprochen haben und mit zu den ersten gehörten, die Montag in Lima vor dem Parlament protestiert haben.

 

In den letzten Tagen haben zahlreiche Organisationen und bekannte Persönlichkeiten den Putsch verurteilt:

Erzbischof Monseñor Carlos Castillo fordert das Parlament auf, die Abstimmung rückgängig zu machen und sagte u.a. „…Hierbei gab es nur Wut, Neid und Aggressionen der einen gegen die anderen“. George Forsyth, ehemaliger Bürgermeister von La Victoria und aktueller Präsidentschaftskandidat von Victoria Nacional spricht von einem „verdeckten Putsch.“ Auch Richard Arce, ehemaliger Abgeordneter der linken FA und nun Präsidentschaftskandidat von Renacimiento Unido Nacional, spricht von einem Staatsstreich.

Der Regionalpräsident von Cajamarca, Mesías Guevara, selbst Mitglied  der putschenden Acción Popular verwies darauf, dass sowohl die große Mehrheit der Parteimitglieder als auch die Regionalpräsidenten dieses Vorgehen ablehnen würden. Die Menschrechtsorganisation APRODEH hat ein Kommuniqué herausgebracht, in dem sie den „Staatsstreich“ und die Absetzung Vizcarras als politisches Verfahren kritisiert, das in der Verfassung nicht vorgesehen sei. Es gehe nicht um Vizcarra, sondern um die Verfassungsmäßigkeit der Handlungen des Parlaments.

 

Veronika Mendoza, Präsidentschaftskandidatin des linken Bündnisses „Juntos por el Perú“ hat zu Protestaktionen gegen die Absetzung aufgerufen, mit dem Ziel, das Parlament aufzulösen und eine Verfassungsgebende Versammlung für eine „Neugründung Perus“ einzuberufen. Sie äußert: „Wir haben nichts (positives) mehr von dieser verfaulten politischen Klasse zu erwarten. Nur eine organisierte und mobilisierte Zivilbevölkerung kann die Demokratie zurückholen und das Leben und die Würde der Menschen an erste Stelle setzten“. Nun wird sicherlich die Forderung nach einer neuen Verfassung, die bisher eher ein stiefkindliches Dasein fristete, an Kraft gewinnen und zur zentralen Wahlkampfparole aller linken Strömungen werden.

 

Hintergrund: Kampf gegen Korruption aushebeln

Bleibt noch zu klären, welche Motive bei dem Putsch eine maßgebliche Rolle gespielt haben. Wir haben es mit einem Dickicht aus unterschiedlichen Motiven bei einzelnen Abgeordneten und Verschwörungsgruppen zu tun und einige Motive werden erst in nächster Zeit ans Tageslicht kommen. Die Mehrheit der Parteien und deren Parlamentarier, auch im neugewählten Parlament von 2019, fährt einen harten Konfrontations- und Boykottkurs gegen die jeweiligen Präsidenten und deren Regierungsmannschaften. Mangels Alternativen und programmatischer Ziele verlegt man sich auf zerstörerisches Dagegensein.

 

Der relativ konsequente Kampf gegen die Korruption unter Vizcarra hat vielen Abgeordneten nicht geschmeckt. Über 60 Abgeordnete sollen zahlreiche Verfahren anhängig haben. Sie und mit ihnen einige andere, haben ein großes Interesse daran, Abgeordnete zu bleiben und damit ihre Immunität zu erhalten. Dies wäre nur durch eine Verschiebung der anstehenden Wahlen möglich, da eine erneute Kandidatur ausgeschlossen ist. Vizcarra hatte schon publik gemacht, dass zwei Repräsentanten der Parteien AP und APP, die nun seinen Sturz herbeigeführt haben, ihn um eine Aussetzung der Wahlen gebeten hatten. Merino hat vorsorglich nach seiner umstrittenen Vereidigung entschieden von sich gewiesen, die Wahlen aussetzen zu wollen. Warten wir es ab. Die bekannte Analystin und Reporterin Rosa Maria Palacios hat sich ihrem Kanal von La República „Sin Guion“ davon überzeugt gezeigt, dass die Putschisten bleiben werden und es im April 2021 keine Wahlen geben wird.

 

Das Geschäft mit der Universitätsbildung

Aus drei Parteien sind Vertreter*innen massiv in die Geschäfte mit privaten und staatlichen Universitäten involviert. Dazu zählen auch Posten an staatlichen Hochschulen und Geschäfte mit der Versorgung und Infrastruktur. Es ist ein Milliardengeschäft, das Vizcarra und die staatliche Kontrollinstanz SUNEDU ihnen mit der Universitätsreform kräftig versalzen haben. Die Partei APP wurde von César Acuña – Eigentümer der privaten Universitätskette “Cesar Vallejo” – nur als parlamentarische Interessengruppe zur Durchsetzung seiner Ziele geschaffen und hat einstimmig, entgegen vorheriger Ankündigung, für die Absetzung Vizcarras gestimmt. Zahlreiche Hochschulen haben mangels qualitativen Voraussetzungen keine Lizenzen erhalten und viele musste ihre Pforten ganz schließen. Schon wird auch die Axt an die Reform gelegt und man muss damit rechnen, dass die Schrottunis wieder geöffnet und weitere gegründet werden.

 

Der Unternehmerverband CONFIEP war der Kurs Vizcarras bei weitem nicht neoliberal genug. Ihm wurde eine zu zögerliche Haltung hinsichtlich der Abschaffung von Umweltstandards, arbeitsrechtlichen und sozialen Regelungen und Beteiligungsformen der Bevölkerung vorgeworfen. Ihre Fürsprecher sitzen in fast allen konservativen und rechten Parteien. Sie versprechen sich die Beseitigung möglichst vieler Hindernisse, die ihrer Meinung nach den ökonomischen Aufschwung hemmen. Einer der größten peruanischen Magnaten, Roque Benavides, war sogar eine Zeitlang als Präsidentschaftskandidat der maroden Apra im Gespräch.

 

Ein weiteres starkes Motiv ist durch den Versuch der Partei Unión por el Peru (UPP) gegeben, Antauro Humala durch eine Begnadigung aus dem Gefängnis zu bringen und ihn wieder ins politische Geschäft zu integrieren. Davor fürchten sich zurecht viele Peruaner*innen. In den letzten Monaten hat sich eine seltsame Verbindung zwischen Antauro, einem Abgeordneten seiner Partei, Edgar Alarcón und Manuel Merino herauskristallisiert. Gegen Alarcón liegen zwei Verfassungsklagen auf Eis, weil Merino als Vorsitzender des Ständigen Ausschusses seit dem 30. August keine Sitzungen mehr einberufen hat. Damit hat er die Befassungen mit den Klagen bislang verhindern können. Ein starkes Indiz für eine Kumpanei zwischen Merino und Alarcón. Was sich hinter der außergewöhnlichen Machtposition von Alarcón verbirgt, liegt bisher noch weitestgehend im Dunkeln.

 

Parteien verkaufen ihre Einschreibung an die Meistbietenden

Der Putsch hat erneut die Krise des Parteiensystems und die Unberechenbarkeit ihrer Handlungen offenbart. Parteien werden in Peru häufig als „Leihmütter“ („vientre de alquiler“) bezeichnet, weil sie nur formal als Parteien registriert sind, es sich in erster Linie aber Gebilde handelt, die sich rund um „eingeladene“ Individuen mit persönlichen Interessen gruppieren und die so den Aufstieg ins Parlament oder die Präsidentschaft suchen. Die Mehrzahl der für die nächsten Parlamentswahlen aufgestellten Präsidentschafts- und Parlamentskandidat*innen sind wieder einmal „eingeladene“ Persönlichkeiten. Abgeordnete ohne echte Parteibindung und keiner kontinuierlichen Parteiprogrammatik folgen, sind für jede Überraschung gut.

 

Und nicht zuletzt gibt es einige Abgeordnete, die vermutlich selbst nicht mehr so genau wissen, warum sie Vizcarra gestürzt haben. Bei der stundenlangen Absetzungs-Debatte wurden wirre und individualistische Beiträge gehalten, die mit dem verhandelten Thema nichts zu tun hatten und ganz offensichtlich ausschließlich einer persönlichen Profilierung dienten.

 

Die Aussichten sind düster. Ob sich die neue Regierung stabilisieren kann, ist noch nicht ausgemacht. Der Kampf gegen die Korruption wird abgebremst und Errungenschaften der Wahlreform sind gefährdet. Sie wird versuchen, in die Zusammensetzung des Verfassungsgerichts einzugreifen. Im ökonomischen Bereich ist mit einer starken Liberalisierung zu Lasten von Arbeitnehmer*innen, indigenen Gemeinschaften und der traditionellen andinen Landwirtschaft zu rechnen. Viele bislang blockierte Konzessionen für die Rohstoffförderung in allen drei geografischen Regionen und dem Pazifik werden nun aller Wahrscheinlichkeit vergeben werden. Dass die neue Regierung massiv vorgehen wird, hat gestern schon Delia Muñoz, die frischgebackene Justizministerin, vorexerziert: In trumpscher Manier hat sie Generalstaatsanwalt Daniel Soria zu sich zitiert und ihn zum Rücktritt aufgefordert. Die Regierung wolle nicht, dass sich das Verfassungsgericht mit der Frage der Legitimität der Absetzungs-Begründung befasst und soll das Vorhaben ad acta legen. Soria und sein Team haben dieses Ansinnen abgelehnt.

 

Ein positiver Effekt könnte in einer Stärkung der zivilgesellschaftlichen Organisationen und einiger Parteien durch den Kampf gegen Merino liegen und der Forderung nach einer Verfassungsgebenden Versammlung Auftrieb verleihen.

 

Andreas Baumgart,  12. November 2020

 

 

 

ANHANG

Für die Absetzung haben 105 Abgeordnete gestimmt:

18 Abgeordnete von Acción Popular, 20 Abgeordnete von Alianza para el Progreso, 7 Abgeordnete von Somos Perú, 10 Abgeordnete von Podemos Perú, 14 Abgeordnete von Frepap, 15 Abgeordnete von Fuerza Popular, 12 Abgeordnete von Unión por el Perú, 6 Abgeordnete von Frente Amplio, 3 Fraktionslose.

 

Gegen die Absetzung haben 19 Abgeordnete gestimmt:

4 Abgeordnete von Acción Popular, 2 Abgeordnete von Somos Perú, 1 Abgeordneter von Podemos Perú, 9 Abgeordnete von Partido Morado (gesamte Fraktion), 2 Abgeordnete von Frente Amplio y 1 Fraktionslos.

 

Enthalten haben sich 4 Abgeordnete:

2 Abgeordnete von Acción Popular, 1 Abgeordnete von Alianza para el Progreso y 1 Fraktionsloser.

 

Links:

http://derechoshumanos.pe/2020/11/no-al-golpe-de-estado/?fbclid=IwAR2Sm-M-dZCwHmIdtxBDdSs2CsmVJr3Ao5VSIcE_m-ukTarWCrhSJXMI044

 

https://larepublica.pe/politica/2020/11/09/martin-vizcarra-los-votos-que-permitieron-el-golpe-de-estado/

 

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