Editorial InfoPeru Nr. 40

Liebe Leserin, lieber Leser,
in sieben Städten Deutschlands war Antonio Zambrano von dem peruanischen Netzwerk MOCICC (Movimiento Ciudadano frente al Cambio Climatico) innerhalb einer Woche unterwegs, bevor er nach Paris reiste , um sich dort als Vertreter der Zivilgesellschaft in die peruanische Delegation bei der COP 21 einzugliedern.

In seinen Diskussionsveranstaltungen berichtete er von der Arbeit und Rolle des MOCICC , welche sich zur Aufgabe gestellt hat, in der peruanischen Gesellschaft alle Kräfte zu sammeln, um die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels in Peru anzugehen, und dabei besonders die am stärksten von diesem globalen Phänomen betroffenen und gefährdeten Bevölkerungsgruppen einzubeziehen. MOCICC vertritt die These, dass die umweltschädlichen und sozioökonomischen Folgen nur durch die Verbindung von modernem Wissen und Technologie mit den traditionellen Kenntnissen und Lebensweisen der Lokalbevölkerung angegangen werden kann; letztere soll damit auch wieder mehr wertgeschätzt werden.

„Klima und Umwelt – das sind Gemeingüter, sie müssen deshalb unentgeltlich und für alle verfügbar sein!“ Das ist eine enorme politische und auch soziale Herausforderung, der sich Peru, seine Regierung und auch seine Wirtschaft stellen müssen. – Und obwohl in Peru laut einer kürzlich veröffentlichten Umfrage weniger als 10 Prozent der Bevölkerung weiß, worum es sich bei der COP handelt und Klimawandel nicht zu den alltäglichen Themen gehört, nahmen am 29. November in Lima Tausende von Demonstranten an der °Marcha Mundial por el Clima“ teil; auch in anderen Städten Perus gingen überraschend viele Menschen auf die Straße.
Nur zwei Tage davor fand in Lima der dritte nationale Kongress indigener Frauen statt, welcher andine Frauen und auch Vertreterinnen aus dem Amazonasgebiet vereint. Hauptforderung der Repräsentantinnen war die Anerkennung und Titulierung ihrer Territorien, vor allem um sie vor Megaprojekten des Extraktivismus zu schützen. Auch der Klimawandel wurde diskutiert: „Wir Frauen sind am stärksten verwundbar durch den Klimawandel!“, war eine kämpferische These. Aber auch die seit Jahrhunderten bestehende dreifache Diskriminierung, die Frauen erleiden, weil sie Frauen sind, weil sie Indigen sind und weil sie arm sind, wurde auf dem Kongress eindeutig und mutig bloßgestellt.
Mutig ist auch Saul Luciano Lliuya, Kleinbauer und Bergführer aus der Region von Huaraz, der – mit Unterstützung der NGO Germanwatch – die Initiative ergriffen hat, den deutschen Energieriesen RWE zu verklagen. Die Gletscherschmelze oder gar ein Gletscherabbruch, der in den See kracht, drohen oberhalb von Huaraz einen Gletschersee zu überfluten. Das kann 10.000 bis 20.000 Tote zur Folge haben. Mitverursacher der beschleunigten Gletscherschmelze sind Energieproduzenten wie RWE mit ihrem CO2-Ausstoss. Die Schutzklage gegen RWE betritt juristisches Neuland, ist eine Art Musterklage mit Signalcharakter. Es kann sein, dass dies ein langer Klageweg wird, so die erfahrenen Rechtsanwältin, die Luciano vertritt. Einen Eindruck von der Situation vermittelt: https://germanwatch.org/de/der-fall-huaraz
So in die Öffentlichkeit treten wollen etliche Gruppen nicht kontaktierter Indigener in der Region Madre de Dios absolut nicht, obwohl die Einschränkung ihrer Rechte auch negative Folgen für den Regenwald der Amazonasregion hat. Eine Debatte in Peru zeigt, wie unterschiedlich die Positionen bezüglich der geschätzt 8000 in freiwilliger Isolation lebenden Indigenen sind:
Eine „kontrollierte Kontaktaufnahme“ wollen vor allem der wirtschaftlichen „Entwicklung“ nahestehende Medien und Verbände; andere wollen diese Menschen „zivilisieren“ und aus ihrem Status als „Wilde“ erlösen. FENAMAD, ein lokaler Zusammenschluss indigener Dorfgemeinschaften, anerkennt und verteidigt das Recht ihrer indigenen Brüder und Schwestern, eine andere Lebensweise in freiwilliger Isolierung zu erhalten. – Diese breite und vielfältige Debatte hat Heinz Schulz zusammen getragen und dabei auch aufgezeigt, welche vielfältigen Interessen in Peru eine Rolle spielen, wenn  „Strategien für eine nachhaltige Entwicklung“ diskutiert und festgelegt werden sollen.
Viel Spaß beim Lesen unseres neuen InfoPeru!

Mechthild Ebeling
(Informationsstelle Peru e.V