Leserbrief zum informellen Goldabbau in Peru

Im nachfolgenden dokumentiert die Infostelle Peru einen Leserbrief zu den 12 Thesen  über den informellen Goldabbau im letzten Infoperu:

Liebe Redaktion des InfoPeru,

Sehr interessant Eure Thesen, und in vielen Punkten stimme ich Euch auch zu.

Allerdings habe ich zwei Einwaende:

  • Eure Unterscheidung zwischen informell und illegal gefaellt mir nicht. Sicherlich ist der Ansatzpunkt des fehlenden Unrechtsbewusstseins richtig. Aber das soll durch die Verbotskampagne des Staates ja gerade geschaerft werden. Im uebrigen: Die Informellen – ob Goldwaescher oder Schuhputzer oder Kleinhaendler – begehen Regelverstoesse zu Lasten des Gemeinwesens, zum Beispiel in aller Regel mindestens Steuerhinterziehung. Und das ist auch in Peru ein Straftatbestand. Der informelle Sektor in Deutschland ist die Schwarzarbeit – da fehlt es auch vielen Menschen, sowohl den Anbietern als auch den Nachfragern zum Beispiel von haeuslichen Reinigungsdienstleistungen – an Unrechtsbewusstsein, aber das aendert nichts am Umstand der Illegalitaet. Der Unterschied in Peru ist zunaechst lediglich in der Dimension: Mehr als 50 % informeller Sektor machen es natuerlich schwer, das alles als illegal zu bezeichnen, aber in einer nicht statischen, sondern dynamischen Sichtweise muesste der Staat, um wirklich ein moderner Rechts- und Sozialstaat werden zu wollen, genau diesen Kampf in Richtung Formalisierung einerseits und Kriminalisierung andererseits aufnehmen. Und das hat er in Sachen Goldbergbau zumindest mal angefangen – auch wenn es wahnsinnig schwierig ist und dabei sicherlich unzaehlige Fehler gemacht werden.
  • Eure Analogie zwischen Gold und Koka hat viele richtige Gesichtspunkte – allerdings gibt es gravierende Unterschiede. Du schreibst: „Ohne staatliche Genehmigung Gold zu schürfen wird dann so strafbar , wie Koka anzubauen.  Das hört sich gut an, bisher hat es noch nirgends auf der Welt funktioniert, ein illegales Geschäft dadurch zu verbieten, dass das Angebot verknappt wird.“ Der entscheidende Unterschied zwischen Gold und Drogen ist aber, dass das Geschaeft mit Gold eben nicht illegal ist – es ist eine voellig legale Handelsware. Die Illegalitaet in der Vermarktung der kriminalisierten Drogen bei gleichzeitig permament hoher Nachfrage vor allem aus den Industriestaaten haelt die formelle Wirtschaft aus dem Anbietermarkt fern und fuehrt dazu, dass nur informelle-illegale Anbieter taetig sein koennen. Und damit entstehen hohe Preisniveaus durch Schattenwirtschaft und fehlenden Wettbewerb sowie das ganze Geflecht an kriminellen und mafioesen Strukturen sowohl bei Anbau als auch bei Vermarktung. Gold wird aber ueberwiegend voellig legal produziert, und die legale Produktion bestimmt den Weltmarktpreis. Natuerlich macht der hohe Preis des knappen Gutes es sehr lukrativ, informell oder illegal zu produzieren, aber der Motor einer illegalisierten Nachfrage fehlt. Die Nachfrage kann auch durch die legalen Anbieter befriedigt werden – also geht es gar nicht darum, das Angebot zu verknappen, sondern „lediglich“ darum, unlauteren und naturzerstoerenden Wettbewerb zu bekaempfen. Auf Feldern wie dem Diamantenmarkt scheint das erste Fruechte zu tragen, aber es haengt natuerlich zentral von der Durchsetzungsfaehigkeit staatlicher Kontrollstellen wie Umweltbehoerden, Polizei usw. ab. Und diese wiederum bedarf des Rueckhalts der Bevoelkerung und der organisierten Oeffentlichkeit, um ihr Legitimitaet zu geben.

Dies in aller Kuerze – ueber das Thema kann man ja wirklich stundenlang debattieren…

 Michael Pollmann, Lima

Die 12 Thesen zum informellen Goldabbau findet man hier:  www.infostelle-peru.de/web/10-thesen-zum-informellen-goldabbau-in-peru/